Sonntag, 25. April 2010

Jom Ha-Azma'ut - Unabhängigkeitstag

Eigentlich sollte ich ja am 19. April zurück nach Israel fliegen, am Jom Ha-Sikaron, dem "Gedenktag an die gefallenen israelischen Soldaten und die Opfer des Terrorismus". Zu spät, um die Sirene mitzuerleben, aber rechtzeitig für den am Abend beginnenden Jom Ha-Azma'ut, den 62. israelischen Unabhängigkeitstag.

Leider wollte der blöde Vulkan, daß ich die Feiern in den Straßen von Tel Aviv verpasse. Als ich nachts um vier das Grundstück zu meiner Wohnung betrat, bekam ich aber zumindest noch einen Eindruck, wie's hier wohl ausgesehen hatte:


Und auch jetzt noch wirkt das Straßenbild irgendwie verändert.










Gut, Flaggen sind hier eigentlich immer ziemlich gegenwärtig, aber das

ist dann doch ziemlich auffällig.

Dienstag, 20. April 2010

Zürcher Intermezzo - Teil II

Ob meine Reisen nach Israel auf mich abfärben? Der Flughafen Zürich hat darum gebeten, daß heute ausschließlich Gäste mit gültigen Buchungen zum Flughafen kommen. Folglich habe ich brav versucht, telephonisch meinen Flug umzubuchen. Das erwies sich als unmöglich, weil bei der Hotline einfach kein Durchkommen war. Eine kurze Prüfung der Onlinebuchungsmöglichkeiten wies mir für Freitag den ersten buchbaren Flug aus. Damit wollte ich mich schon abfinden, doch bin ich dann doch noch in den Bus gestiegen und zum Flughafen gefahren. Im Gepäck meine Kamera, um das Chaos und die Menschenmassen vor den Schaltern zu dokumentieren.

Doch da habe ich wohl die Rechnung ohne die Schweizer Mentalität gemacht. Kein Gedränge, keine Panik, kein Sturm auf die Vertreter der Airlines. Stattdessen stand ich eine knappe halbe Stunde in einer Schlange und bekam dann ohne große Diskussion einen Platz in einem Flieger nach Tel Aviv reserviert. Abflug ist noch heute nacht. Manchmal bringt es also etwas, sich nicht an die Regeln zu halten bzw. den Kontakt von Angesicht zu Angesicht zu suchen. Gut, als waschechter Israeli hätte ich vermutlich an der Schlange vorstürmen und die Dame am Schalter anbrüllen müssen, aber ich kann mich ja nicht von jetzt auf gleich vollkommen Entgermanisieren. Dem würde der Kellner aus der Bar gestern sicher zustimmen, der mich mit "hey Deutscher" ansprach, bevor er nachfragte, welche Größe mein Getränk haben sollte.

So verlasse ich also schon sehr bald das Land des lustigen (und gelegentlich kaum verständlichen) Dialekts, des unbezahlbaren öffentlichen Nahverkehrs und der Unmöglichkeit des einen-einzigen-Schritt-Tuns-ohne-irgendwo-eine-Bank-zu-Sehen und auch die
pittoreske WG mit dem Charme eines rustikalen Bauernhauses auf dem Land, in der ich die letzten zwei Tage gewohnt habe.

Ein Teil dieses Charmes war der Stille geschuldet,
die ungestörtes Arbeiten auf dem Balkon ermöglichte. Seit heute früh merkt man jedoch wieder, daß das Haus quasi direkt neben dem Flughafen steht. Und schon fühle ich mich an den Kühlschrank in Kirjat Ono erinnert...

Montag, 19. April 2010

Zürcher Intermezzo (unfreiwillig)

Nachdem ich heute mein Hotelzimmer am Flughafen Zürich räumen mußte, wurde mir glücklicher- und netterweise in der WG einer Schweizer Bekannten in Rümlang bei Zürich Zuflucht gewährt. Ich bin froh, daß mir damit das Schicksal vieler anderer erspart blieb, die auf irgendwelchen Flughäfen festsitzen und zwischen ihren Koffern liegend darauf hoffen, daß der Eyfja… Eyjafjallflayla… Eyjafjallakölulöluuulklulukjölldingsberg mal endlich Ruhe gibt. Aber auch ohne Hotelkosten ist dieses Land teuer genug, und so bleibt die legendäre Schokolade pekuniär unerreichbar in der Auslage glitzernder Edelschokolaterien (mag sein, daß so ein Wort eigentlich gar nicht existiert. Dann hab ich’s eben jetzt erfunden).


Trotz gesicherter Wohnsituation macht es keinen Spaß, alle acht Stunden über eine weitere Verlängerung der Sperrung des Schweizer Luftraums informiert zu werden. Eine Planung, wie ich nun letztendlich nach Israel kommen soll, ist so kaum möglich, da ich beständig hoffe, daß die Flieger bald von Zürich aus wieder starten werden. Sollte sich bis morgen früh nichts geändert haben, werde ich aber wohl in Erwägung ziehen müssen, mit dem Zug nach Österreich oder Süddeutschland zu fahren, um dann mit einer anderen Gesellschaft durch die Wolke des grauenhaften vulkanischen Todes zu fliegen – bis ich mich dann endlich in der Sicherheit der Reichweite syrischer Scud-Raketen in Händen libanesischer Vollbartträger wissen darf. Immerhin erstattet mir die Swiss das Geld für das Flugticket zurück. Eine feine Geste, die mich die Verspätungen meiner letzten beiden Swiss-Flüge nach Zürich und Hannover vor knapp zwei Wochen großzügig vergessen läßt.


... to be continued ... glaube ich

Montag, 5. April 2010

Bebilderter Pessachgruß aus Kirjat Ono

Als vor knapp 3500 Jahren die Hebräer aus Ägypten auszogen, waren sie ziemlich in Eile. Deswegen hatten sie beim Brotbacken keine Zeit mehr, den Teig gehen zu lassen. Dummerweise fand dieses kleine kulinarische Detail irgendein Chronist so bemerkenswert, daß es Eingang in die Bibel fand. Und deswegen lebe ich armer Goi in Israel seit einer Woche ein tristes, brotloses Leben. Denn es ist Pessach, und an religiösen Feiertagen verurteilen diejenigen, die das mit den Geschichten von vor tausenden von Jahren ein bißchen zu ernst nehmen, den Rest der Bevölkerung mit freundlicher Unterstützung des säkularen Staates, arme Touristen in rein jüdischen Wohnvierteln eingeschlossen, zur Kollaboration bei ihren merkwürdigen Bräuchen, die irgendwie fast immer nur daraus bestehen, auf etwas zu verzichten, das Spaß macht oder lecker ist (Purim bildet da wohl eine Ausnahme). Aber im Moment ist ja ohnehin Hochsaison für die Bekloppten der verschiedensten Denominationen.

Iß doch Matze (nicht Herrn Wittschieben!) zum Frühstück, mit Nuß-Nougat, riet mir meine Mutter.
Denn trockenes Knäckebrot ohne Geschmack kannten die Juden schon, bevor der erste Ur-Schwede herausfand, daß man scharfe Gegenstände nicht nur wunderbar in andere Menschen reinstecken, sondern auch dazu verwenden kann, sich den Urwald aus dem Gesicht zu schneiden. Gesagt, getan (also das Mazze-Essen, nicht das Zotteln-Abschneiden), aber da könnte man sich auch ein dünnes Holzbrett mit Nuß-Nougat bestreichen. Der Beitrag des Mazze-Brots zum Gesamtgeschmack ist etwa vergleichbar, nur funktioniert die Verdauung da besser als bei Zellulose.

Muß ich also auf alternative Nahrungsmittel ausweichen. Ha! Von wegen! Es wäre kein jüdischer Feiertag, wenn man seinen Unannehmlichkeiten so leicht entgehen könnte. Denn um alles richtig zu machen – man weiß ja nie, was der verrückte Alte da oben so im Sinn hat – verzichtet man vorsichtshalber gleich auf alle Nahrungsmittel, die irgendwie „gehen“ könnten (also Teigwaren, aber auch Reis! und sogar Hülsenfrüchte), und zwingt auch alle anderen zum Verzicht. Im Supermarkt sieht das dann so aus.











Um mich von diesem Schock zu erholen, suchte ich bei einem Spaziergang nach den schönen Seiten meiner Nachbarschaft – und fand auch einige.









Neben den hier überall blühenden, leuchtend bunten Bouganvillae stieß ich auch auf einen netten Park. Gan Ha-Giborim heißt er, Heldengarten.
















Solche Kriegerdenkmale gibt es ja auch in Deutschland, aber die Panzer im Sonnenuntergang fand ich dann doch etwas martialisch.

Bei genauerem Hinsehen findet sich dann jedoch die Friedensbotschaft des Parks. Hier wird der Gefallenen der Kriege gedacht in der Hoffnung, daß es keine Kriege mehr geben wird.


Alles in allem ist mein Viertel hier eigentlich ganz schön.