Samstag, 29. Oktober 2011

Späte Einsicht

Als ich gestern zufällig zum Fernseher blickte, sah ich Mahmud Abbas, wie er gerade einem israelischen Sender ein Interview gab. Auf eine Nachfrage des Reporters bezüglich der arabischen Ablehnung des UN-Teilungsplans 1947 gestand Abbas tatsächlich ein: "Es war ein Fehler. Es war ein gemeinschaftlicher Fehler der Araber."

Eine beachtlich späte Einsicht, aber immerhin. Dass sie allerdings nichts zu bedeuten hat, zeigte bereits der nächste Satz: "Aber müssen sie uns für diesen Fehler 64 Jahre lang bestrafen?"

Ja, so sind sie, diese Juden. Verdammt nachtragend. Da macht man einmal einen Fehler, und die verzeihen einem nie. Wir Deutsche kennen das ja. Aber all die Probleme nur wegen eines Neins bei der UNO?

"Präsident" Abbas, vielleicht haben sie da den ein oder anderen weiteren Fehler der Araber innerhalb dieser 64 Jahre vergessen, z.B.
  • die Kleinigkeit mit dem erklärten Vernichtungskrieg 1948
  • die Tatsache, dass man sich dabei auf die gute Tradition des Großmuftis von Jerusalem und Hitler-Vertrauten Mohammed Amin al-Husseini berufen konnte
  • den Wirtschaftskrieg gegen Israel, der dem Krieg von 1948 folgte und der nicht selten nicht so recht unterscheiden wollte zwischen Israelis und Juden insgesamt
  • die damit verbundene Blockade israelischer Handelswege - zu Wasser und in der Luft - welche letztlich zwei weitere Kriege mit verursachte
  • die Versuche, die Wasser des Jordans so umzuleiten, dass Israel trocken gelegt wird, was wiederum beinahe einen Krieg auslöste
  • die Terroranschläge der Fedajin in den 50er Jahren
  • die Terroranschläge in den 60er Jahren
  • die stets wiederholten und auch offen verkündete Neins zur Anerkennung Israels, zu Verhandlungen und zum Frieden mit Israel
  • der Terror der PLO und ihrer Komplizen in den 70er Jahren, inklusive Flugzeugentführungen und Massaker an israelischen Olympioniken
  • die Errichtung eines PLO-Staates im Libanon, von dem in den 70er und frühen 80er Jahren nicht nur Terrorangriffe ausgingen, sondern aus dem ein regelrechter Kleinkrieg gegen den Norden Israels geführt wurde, was 1982 zum nächsten großen Krieg führte
  • die erste Intifada
  • die zweite Intifada
  • erwähnte ich das mit dem Terror schon?
  • das Abschießen tausender Raketen aus dem Gazastreifen auf israelische Städte in Grenznähe
Es ist wirklich kaum zu verstehen, wie dieses Volk einem einen einzelnen Faux Pas vor 64 Jahren derart lange nachtragen kann.


    Mittwoch, 26. Oktober 2011

    Du bist Israel

    Im Ausland bist Du Israel. Vertrete uns mit Würde.


    Das stand neben der Eingangstür zum Flugzeug von El Al. Man stelle sich vor, das stünde auf einer Lufthansa-Maschine. Ich möchte ja nicht unbedingt als Abgesandter Deutschlands betrachtet werden. Und noch weniger wünsche ich mir das von den deutschen Touristen, die im Sommer wie Heuschrecken über berüchtigte Strände auf berüchtigten Inseln herfallen. Mir fiel sogleich das Zitat von Kurt Tucholsky ein: „Als deutscher Tourist im Ausland steht man vor der Frage, ob man sich anständig benehmen muss oder ob schon deutsche Touristen dagewesen sind. 
    Andererseits können die Massen deutscher Urlauber in Frankreich sich während der letzten 60 Jahre nicht allzu schlimm aufgeführt haben, sonst hätte das mit der deutsch-französischen Freundschaft sicher nicht so prima funktioniert.

    Meinen ersten intensiven Kontakt mit Israel hatte ich diesmal bereits in Berlin und zwar in Gestalt eines Sicherheitsbeamten, der mich eine knappe Stunde ausgefragt hat. Obwohl es übertrieben lang gedauert hat, kann dieser junge Mann durchaus als guter Vertreter seines Landes bezeichnet werden. Er war ausgesprochen freundlich und interessierte sich so sehr für mein Dissertationsthema, dass er sogleich einen Kollegen herbeirief, der mir wiederum erfreut erzählte, er würde selbst gerade über ein ähnliches Thema forschen. Trotzdem musste ich danach noch meinen Laptop hochfahren, um zum Beweis meiner Behauptungen E-Mails des Militärarchivs zu präsentieren.

    Mein erster Kontakt innerhalb Israels zeigte sich wiederum weniger geeignet, sein Land zu präsentieren. Die Wohnung in Ramat Gan, die ich für eine horrende Summe gemietet habe, stellte sich als winziges Dreckloch heraus – mit einer nicht verschließbaren Tür zum knapp ein Quadratmeter großen Badezimmer, sprich: einem Klo mit einer Dusche drüber. Der Vermieter forderte mich sogleich auf, die Miete für den nächsten Monat im Voraus zu bezahlen und wirkte insgesamt ziemlich zwielichtig, um nicht zu sagen kriminell.
    Zum Glück gibt es Couchsurfing. Ich wurde noch am nächsten Tag von einer netten Familie in Ganei Tikva aufgenommen, konnte die Wohnung also fluchtartig verlassen und vorsichtshalber gleich die SIM-Karte wechseln, damit der Vermieter endlich aufhört, mich mit Anrufen wegen der Miete zu belästigen. Jetzt wohne ich also wieder in der gleichen Gegend wie beim letzten Mal. Die hat sich allerdings innerhalb eines Jahres gewaltig verändert. Aus dieser schönen Wiese (aka trockenes Brachland, wenn's nicht gerade geregnet hat)

    ist dies geworden:

    Das war auch noch nicht vorhanden, als ich letztes Mal hier war:

    Und wo in Israel Wohngebäude entstehen, sind Kindergärten nicht weit:

    Die gibt's hier überhaupt an jeder Ecke. Die Demonstranten, die es vor einigen Monaten bis in die Tagesschau geschafft haben, mögen ja Recht haben damit, dass sich eine normale Kleinfamilie keine Wohnung im Zentrum Tel Avivs leisten kann. Aber ist das in London, Paris oder New York anders? Wo Wohnraum knapp ist, steigen die Preise. Dafür bauen die Israelis im Umland wie die Wahnsinnigen. Also ab nach Kiryat Ono - ist ohnehin viel schöner.