Mittwoch, 26. Oktober 2011

Du bist Israel

Im Ausland bist Du Israel. Vertrete uns mit Würde.


Das stand neben der Eingangstür zum Flugzeug von El Al. Man stelle sich vor, das stünde auf einer Lufthansa-Maschine. Ich möchte ja nicht unbedingt als Abgesandter Deutschlands betrachtet werden. Und noch weniger wünsche ich mir das von den deutschen Touristen, die im Sommer wie Heuschrecken über berüchtigte Strände auf berüchtigten Inseln herfallen. Mir fiel sogleich das Zitat von Kurt Tucholsky ein: „Als deutscher Tourist im Ausland steht man vor der Frage, ob man sich anständig benehmen muss oder ob schon deutsche Touristen dagewesen sind. 
Andererseits können die Massen deutscher Urlauber in Frankreich sich während der letzten 60 Jahre nicht allzu schlimm aufgeführt haben, sonst hätte das mit der deutsch-französischen Freundschaft sicher nicht so prima funktioniert.

Meinen ersten intensiven Kontakt mit Israel hatte ich diesmal bereits in Berlin und zwar in Gestalt eines Sicherheitsbeamten, der mich eine knappe Stunde ausgefragt hat. Obwohl es übertrieben lang gedauert hat, kann dieser junge Mann durchaus als guter Vertreter seines Landes bezeichnet werden. Er war ausgesprochen freundlich und interessierte sich so sehr für mein Dissertationsthema, dass er sogleich einen Kollegen herbeirief, der mir wiederum erfreut erzählte, er würde selbst gerade über ein ähnliches Thema forschen. Trotzdem musste ich danach noch meinen Laptop hochfahren, um zum Beweis meiner Behauptungen E-Mails des Militärarchivs zu präsentieren.

Mein erster Kontakt innerhalb Israels zeigte sich wiederum weniger geeignet, sein Land zu präsentieren. Die Wohnung in Ramat Gan, die ich für eine horrende Summe gemietet habe, stellte sich als winziges Dreckloch heraus – mit einer nicht verschließbaren Tür zum knapp ein Quadratmeter großen Badezimmer, sprich: einem Klo mit einer Dusche drüber. Der Vermieter forderte mich sogleich auf, die Miete für den nächsten Monat im Voraus zu bezahlen und wirkte insgesamt ziemlich zwielichtig, um nicht zu sagen kriminell.
Zum Glück gibt es Couchsurfing. Ich wurde noch am nächsten Tag von einer netten Familie in Ganei Tikva aufgenommen, konnte die Wohnung also fluchtartig verlassen und vorsichtshalber gleich die SIM-Karte wechseln, damit der Vermieter endlich aufhört, mich mit Anrufen wegen der Miete zu belästigen. Jetzt wohne ich also wieder in der gleichen Gegend wie beim letzten Mal. Die hat sich allerdings innerhalb eines Jahres gewaltig verändert. Aus dieser schönen Wiese (aka trockenes Brachland, wenn's nicht gerade geregnet hat)

ist dies geworden:

Das war auch noch nicht vorhanden, als ich letztes Mal hier war:

Und wo in Israel Wohngebäude entstehen, sind Kindergärten nicht weit:

Die gibt's hier überhaupt an jeder Ecke. Die Demonstranten, die es vor einigen Monaten bis in die Tagesschau geschafft haben, mögen ja Recht haben damit, dass sich eine normale Kleinfamilie keine Wohnung im Zentrum Tel Avivs leisten kann. Aber ist das in London, Paris oder New York anders? Wo Wohnraum knapp ist, steigen die Preise. Dafür bauen die Israelis im Umland wie die Wahnsinnigen. Also ab nach Kiryat Ono - ist ohnehin viel schöner.

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