Sonntag, 6. September 2009

Was ist eigentlich Biologie?

Irgendwo im Arbeitsvertrag von Dozenten muß geschrieben stehen, daß sie verpflichtet seien, am Anfang des Semesters in jeder Veranstaltung zu versichern, es gäbe keine dummen Fragen („wer nicht fragt, bleibt dumm“, und so). Ein fataler Fehler, wie sich ebenfalls in jeder dieser Veranstaltungen wenige Minuten nach Äußerung dieser völlig ungeprüften und haltlosen Behauptung herausstellt.

Denn es gibt sehr wohl dumme Frage – es gibt jede Menge davon. Dazu gehören beispielsweise solche, die bereits mehrfach beantwortet wurden oder aber solche, deren Antwort man sich selbst herleiten kann, weil sie sich auf eine Regelmäßigkeit beziehen. Und es sind immer die gleichen, die in meiner Klasse fragen, wo eigentlich der Unterschied zwischen „hewdel“ und „hawdala“, „heskem“ und „haskama“, „herkew“ und „harkawa“ liege. Der Unterschied liegt darin, daß es sich bei der einen Form um ein reguläres Substantiv und bei der anderen um die Substantivierung eines Verbs handelt. Das klingt jetzt vermutlich erst einmal etwas hochtrabend, und es mag vielleicht auch anmaßend erscheinen, jemandem vorzuwerfen, das nicht zu verstehen. Aber wenn man seit sechs Wochen lernt, wie die hebräischen Verbsubstantivierungen gebildet werden und diese dazu auch noch ganz einfachen, innerhalb weniger Minuten erlernbaren Konstruktionsregeln folgen, dann ist man doch irgendwann genervt, wenn zum x-ten Mal die gleiche Frage gestellt wird, und man erkennt: Ja, es gibt sehr wohl dumme Fragen.
Die gleiche Dame, die immer wieder diese Fragen stellt und die offensichtlich auch nicht weiß, was Adjektive und was Substantive sind (und wo der Unterschied zwischen beiden liegt) hat mich in einer Pause übrigens mal gefragt, was eigentlich Biologie sei.

Der aufmerksame Leser wird mittlerweile vermutlich das Thema dieses Blogeintrags eruiert haben. Es lautet: nervende Mitschüler.
Das bringt mich zur nächsten Zwischenüberschrift:

Franzosen!

Vor einigen Tagen hat mich mein Lehrer gefragt, ob ich nicht als Emissär (ich werde spätestens ab jetzt Fremdwörter verwenden, wo es nur geht!) meiner Klasse an einer kleinen Besprechung partizipieren möchte, in der die Leitung des Ulpans Rückmeldungen zum Unterricht sammeln wolle. Als dabei schließlich das Thema Atmosphäre in der Klasse zur Sprache kam, erklärten beinahe alle Abgesandten unisono: Die Franzosen nerven. Oh ja, das tun sie, und zwar ungemein. Sie sind laut, sie quatschen, sie zappeln, sie kichern, sie kommen zu spät, sie sprechen Französisch in der Klasse, kurzum: Sie sind Franzosen (die meisten allerdings nordafrikanischer Herkunft). Daß sie kein Wort ohne einen finalen Schwa-Laut zuende bringen (ani-eh medaber-eh iwrit-eh) kann man ihnen kaum vorwerfen, wohl aber ihr ständiges Reingerufe und ihr Grundschulgebaren (das eigentlich auch schon in der Grundschule nicht mehr toleriert werden sollte). Vor einigen Tagen hat meine Lehrerin sogar zwei Schülerinnen separieren müssen (und es handelt sich hier immerhin um post-adoleszente Menschen – zumindest körperlich).

Am schlimmsten ist es aber in meinem Wahlkurs. Da hat sich gleich eine ganze Horde nervender, brabbelnder Franzosen eingenistet, die, sobald die Lehrerin auch nur den Ansatz einer Frage formuliert, sogleich lauthals die antizipierte Antwort in die Klasse brüllen. Frau Feldwebel, wie ich unsere Lehrerin wegen ihres militanten Gerierens (da haben wir so eine kecke Verbsubstantivierung) getauft habe, scheint das jedoch kaum negativ zu tangieren. Im Gegenteil, sie selbst unterbricht jeden Satz ihrer Schüler, sobald das ihres Erachtens entscheidende Wort gefallen ist. Das hat mittlerweile dazu geführt, daß die Hälfte der Klasse schweigend observiert, wie der Herr Feldwebel, weiblich, mit seiner Franzosenkompanie sein Unterrichtsimitat aufführt.

Da mir heute morgen jegliche Motivation für dieses anderthalb Stunden andauernde Malträtieren meiner Nerven und meiner Leidensfähigkeit abging, habe ich kurzerhand mein Kopfkissen gewendet und mir noch etwas Schlaf gegönnt. Anders als Thomas Morus ergebe ich mich schließlich nicht willentlich ins Martyrium (ich schaue zur Zeit „Die Tudors“ – das muß abgefärbt haben).


PS: Um dem Eindruck einer fundamentalen Antipathie gegenüber Franzosen entschieden entgegenzutreten, möchte ich darauf hinweisen, daß mir eine Französin in meiner Klasse durchaus sympathisch ist: Virgenie stammt aus Lyon-eh und muß darunter leiden, daß kein Mensch ihren Namen richtig aussprechen kann (ich weiß ja nicht einmal, ob ich ihn richtig geschrieben habe).

PPS: Das Positive an der ganzen Sache ist vermutlich, daß ich das hebräische Wort für „stören“ wohl nie mehr vergessen werde.

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